Sonntag, September 06, 2009

SPD – eine Partei vor dem Untergang?

Es gibt Sachen, auf die freut man sich richtiggehend spitzbübisch. Ob als Kind auf die großen Ferien oder die weihnachtliche Bescherung oder als Jugendlicher aufs Erwachsenwerden und seinen Führerschein. Meist ist die Vorfreude sogar viel schöner als das Ereignis selbst. In diesen Tagen bereitet auch mir wieder etwas diese spitzbübische (Vor-)Freude. Und zwar nichts geringeres als die in wenigen Wochen anstehende Bundestagswahl und hier insbesondere das ganze an Komik kaum zu überbietende, damit verbundene Parteientheater. Von den bedeutenden Parteien habe ich mir für heute die derzeit zweifellos witzigste heraus gesucht und zwar unsere allseits beliebte SPD.
Wenn man derzeit Lust auf Polit-Talkshows hat bietet einem das öffentlich rechtliche Fernsehen ein wahres Füllhorn an Möglichkeiten, wie man sich am Abend köstlich amüsieren kann. Ob Anne Will, Sandra Maischberger, Frank (nein, ich bin nicht selbstverliebt, ich lache immer so dämlich) Plasberg und wie sie alle heißen. Kein Name in diesem Geschäft kann es sich derzeit leisten, so kurz vor der Bundestagswahl nicht diese ewig gleiche Schmierenkomödie aufzuführen, derer zu schauen ich trotzdem aus welchen Gründen auch immer nicht müde werde.
Liegt es daran, dass es mich so amüsiert, dass man, von den wenigen inhaltlichen Fragen die nur noch selten eine Rolle spielen abgesehen, im Prinzip die ewig gleichen Texte der Polit-Gäste mittlerweile im Schlaf nachsprechen kann?
Liegt es daran, dass die Politiker ganz offensichtlich meinen, die Leute seien bescheuert, dieses Gelaber nicht zu durchschauen?
Oder liegt es daran, dass es auf mich so wirkt, also würde die SPD nach jeder Sendung noch jämmerlicher dastehen als zuvor?

Es gibt meiner Ansicht nach zwei Gründe, warum die SPD derzeit solche immensen Probleme hat:

1. Die SPD lügt sich selbst und andere schlimmer an, als es alle anderen Parteien tun.

Man kann es ihr ja aus traditionellen Gründen im Prinzip nicht übel nehmen, dass sie einen Kanzlerkandidaten stellt, doch hat dieser Kandidat nicht auch nur im Entferntesten die Möglichkeit, Kanzler zu werden. Zum Einen schließt sie ein Rot-Rot-Grünes Bündnis im Bund kategorisch aus, zum anderen wirken die zarten Annäherungsversuche in Richtung Westerwelle mehr als peinlich, wo man sich gerade doch inhaltlich mehr als je zuvor von den Liberalen absetzt, auch öffentlich. Da dies ja alles nichts hilft, ist man bei den Wahlstrategen offenbar zu der Überzeugung gekommen, dass es das Beste wäre, allen Umfragewerten zum Trotz aus der Not eine Tugend zu machen und – ein verzweifeltes Lächeln aufsetzend – für Rot / Grün zu werben. Dass man nach derzeitigen Umfragewerten noch nicht einmal auf 35% kommen würde, kehren die Herren Steinmeier und Müntefering mal eben unter den Teppich. Lieber posaunt man hoffnungsvoll hinaus, es wäre DEUTLICH zu sehen, dass Union und FDP keine Mehrheit hätten. Woher diese Sicherheit bei schwarz/gelben Umfragewerten von meist über 50% kommt, weiß wohl niemand so genau. Die – relativ gesehen – katastrophalen Ergebnisse bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Saarland werden komplett fehlinterpretiert. Einerseits verbrüdert man sich somit ganz offiziell mit den Linken, andererseits will man aber keinen Ministerpräsidenten der Linkspartei wählen. Das klitzekleine Saarland mit nicht einmal einer Million Einwohnern wird zu einem bundesweiten Stimmungsbarometer hochstilisiert. Die Unsicherheit, wie man mit der Linkspartei umzugehen hat, dieses Hadern und Zaudern zieht sich nun seit der Hessen – Wahl von einem Schauplatz zum nächsten. Während die Linkspartei immer mehr Stimmen gewinnt, hat die SPD in keinster Weise davon profitiert, im Gegenteil.

2. Die SPD kann sich inhaltlich nicht positionieren

Natürlich fällt es schwer, diese These der SPD im Speziellen vorzuwerfen, gibt es doch verschiedene Strömungen in allen Parteien. Während die kleinen Parteien dies noch relativ gut kaschieren können und sich bei der Union es sich meist die CSU erlaubt, überwiegend aus EGO-Gründen gelegentlich vom Kurs abzuweichen ist diese Lokalisierung bei den Sozialdemokraten schwieriger. Während auf der einen Seite ein Per Steinbrück, ein Franz Müntefering und auch ein Frank-Walter Steinmeier ganz offensichtlich kein Problem hätten, eine große Koalition weiter zu führen, auch wenn sich ihr Dasein als Juniorpartner nur noch fester zementieren würde, beißt der linke Flügel unter der Führung von Andrea Nahles angesichts markiger Aussagen, eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei sei auf Bundesebene ausgeschlossen, schon ein wenig die Zähne zusammen. Solange die Parteispitze weiter aus den „alten Seeheimern“ besteht, stellt sich einem gar unweigerlich die Frage, warum Ultralinke innerhalb der SPD, wie Jusos – Vorsitzende Franziska Drohsel, nicht längst an Lafontaines und Gysis Seite sitzen. Zuletzt fragt sich der Wähler angesichts solch unklarer Zustände, warum er sein Kreuz überhaupt bei der SPD machen sollte, die nicht weiß, wo sie jetzt steht und noch viel weniger, wo sie in zwei bis drei Jahren stehen wird. Auf beiden Seiten der Flügel warten zwei starke Parteien nur darauf, Wähler abzugreifen. Die letzte Rettung wäre hier eine starke Führungspersönlichkeit, wie Gerhard Schröder eine war. Steinmeier ist dies genauso wenig wie die alternde Vorsitzenden-Zwischenlösung Müntefering.

Kurzum: Im Moment läuft es für die SPD beschissen!
Dass vonseiten der Union bislang kaum ernsthafter Wahlkampf zu sehen war liegt einzig und allein am desaströsen Zustand der Sozialdemokraten. Zu Zeiten einer Weltwirtschaftskrise in der soziale Themen wie Gerechtigkeitsdefizite, Kapitalismuskritik und Managergier in aller Munde sind verliert eine SPD noch Stimmen, während die FDP, deren Programm man im Allgemeinen nachsagt, genau diese Krisensituation herbei geführt zu haben um 5% zulegen kann. Es ist schon ein wenig paradox.

Welche Möglichkeiten hat die SPD nun?
Meiner Meinung nach ist es zwar fast schon ein wenig zu spät, aber die SPD sollte, sofern sie unbedingt regieren will, schnellstens für eine große Koalition werben und klar herausstellen, warum innerhalb dieser eine starke SPD nötig ist. Dies hätte man von Anfang an tun sollen, anstatt illusorisch rot/grüne Wunschträume zu propagieren, die mit der Realität außerhalb der Opposition rein gar nichts zu tun haben.
Auch wenn dies wohl kaum eine Option sein dürfte wäre es für die Gesundung der SPD das Beste, sie würde die nächsten 4 Jahre auf der Oppositionsbank Platz nehmen um ihre Akkus aufzuladen. Allzu viele populäre Entscheidungen wären von schwarz/gelb in dieser Krisenzeit nicht zu erwarten und noch dazu hätte man den Vorteil, der verhassten Linkspartei endlich den Wind aus dem stetig wehenden Oppositions-Segel zu nehmen.

Klar ist: Es kommen unsichere Zeiten auf die SPD zu. Noch ist es nicht zu spät, die Partei zu retten. Mit der derzeitigen Philosophie des falschen Grinsens sehe ich allerdings SCHWARZ, und das für weit mehr als vier Jahre.

1 Kommentar:

Fänt hat gesagt…

Interessante Gedanken...