Mittwoch, November 11, 2009

Die Königin der 1000 Jahre

Wer kennt es nicht?

Man sitzt mit seinen Freunden oder Arbeitskollegen zusammen und irgendwann kommt man auf das Thema: "alte Zeichentrickserien" zu sprechen. Wie gut die früher doch alle gewesen seien im Gegensatz zu heute. Jenseits aller Geschlechtergrenzen beliebt und bekannt fallen dann wie aus der Pistole geschossen Beispiele wie Wicky, Biene Maja, Heidi und die Schlümpfe, gefolgt von etlichen "aaah wie toll"s und "mei wie schön"s. Ist man unter Männern darf man vielleicht sogar etwas tiefer in die Trickkiste greifen und auch, gerne in Verbindung mit ein paar Bieren, Serien wie He-Man (Standard, da hat jeder was zu sagen), Galaxy Rangers oder Marshall Bravestar ans Tageslicht befördern. Unter Kennern kommen mit etwas Glück sogar qualitativ hochwertige Animes wie Saber Rider oder Captain Future aus den Erinnerungen hochgekrochen. Jaja, so eine Reise in die guten alten Zeiten der Zeichentrickserien ist immer wieder nett. Nicht zuletzt das alte Tele 5 mit seiner Bim Bam Bino - Sendung grub hier desöfteren den ein oder anderen Goldschatz aus.
Auf eben jenem Sender lief in den Jahren 1991 und 1992 auch eine Serie, die ich bei o. g. Gelegenheiten aber in der Regel für mich behalten darf, denn diese scheint in den Erinnerungen der Menschen in meinem Alter weder populär noch bekannt gewesen zu sein und zwar: Die Königin der 1000 Jahre
Diese Serie vom berühmten japanischen Zeichner Leiji Matsumoto, der in jüngster Zeit wohl am ehesten durch die Zeichentrick - Videos der Band "Daft Punk" bekannt geworden ist, ist in mehrerlei Hinsicht etwas besonderes. Zum Einen war es damals durchaus noch etwas besonderes, dass in Deutschland ein Anime dieser Art ausgestrahlt wurde und zum Anderen ist es nach 1992 und dem zwischenzeitlichen Aus des Privatsenders Tele 5 völlig still um die Serie geworden.
Es gab nur eine handvoll Leute in meiner damaligen Grundschule, die ebenso begeistert wie ich das gleichsam mystisch-rätselhafte wie auch gefühlvolle Abenteuer um den tapferen Jungen Hajime Amamori und Yayoi Yukino - der Königin der 1000 Jahre verfolgt haben. Aus den schönen Tagen dieser Zeit entwuchs man, einst enge kindliche Freundschaften lösten sich auf und somit wurden auch die Ketten der Erinnerungen an diese Serie nach und nach gesprengt. Übrig blieben Erinnerungsfragmente, einzelne Fetzen, die lose in den hinteren Windungen meines Bewusstseins schwebten, unaufrufbar, ungreifbar. Sinnbild der Erinnerung waren stets die Schönheit und die endlos langen blonden Haare der Königin Yayoi, von der ich zugeben muss, dass ich mich nicht einmal an den Vornamen erinnern konnte. So unschön der Dauerzustand dieser ich möchte fast sagen Scheinerinnerung auch war, so wiederum schön war auch die Mystik, die mit dieser Unwiederruflichkeit einherging, all die Jahre lang. Im September diesen Jahres nahm dieser Zustand ein abruptes Ende.

Eine eher gedankenlose Suche ohne große Hoffnung (sie war etwa ein gutes Jahr zuvor ebenso schon erfolglos gewesen) auf youtube brachte es ans Tageslicht. Ein User hatte tatsächlich sämtliche 41 Episoden online gestellt. Original mit deutscher Synchro wie 18 Jahre zuvor auf Tele 5! Ich war überwältigt von diesem Glück. Das Wiedersehen mit den ersten paar Folgen war einfach unbeschreiblich. Ich konnte die langsam immer mehr verblassenden Erinnerungen in meinem Kopf wieder einsammeln und erkannte unzählige Szenen wieder, allen voran auch die Musik des In- und Outros und die Szenen dazu. Ich war zuvor online sogar Petitionen zur Wiederausstrahlung der Serie im TV beigetreten, so sehr wünschte ich mir diese Erinnerung und nun war es wahr geworden. Alle paar Tage sah ich mir von nun an die ein oder andere Episode an.
Nun, nachdem ich mir heute Abend die 41. und letzte Folge angeschaut habe stehe ich hier mit gemischten Gefühlen. Einerseits muss ich sagen, dass es wirklich ein hervorragender Anime ist mit einer tollen Story, glaubhaft ausgearbeiteten Charakteren und nur wenigen, insgesamt gesehen verschmerzbaren Logik-Fehlern. Auch wenn man als Kind den Unterschied zwischen guter und schlechter Qualität in diesen Kriteriumsmaßstäben kaum bis gar nicht zu würdigen weiß, so hat es "Die Königin der 1000 Jahre" doch in jedem Falle zurecht geschafft, so einen bleibenden Eindruck in meinem kindlichen Gedächtnis zu hinterlassen. Und doch ist mir klar geworden, dass ich jetzt, wo ich die Serie mit anderen Maßstäben als damals betrachten kann, etwas kaputt gemacht habe. Ich habe die einzelnen Fragmente der Erinnerung zu einem Ganzen zusammengefügt und mir somit die Möglichkeit geraubt, mit der bisherigen kindlichen Naivität weiterhin in einer Pseudo-Erinnerung zu schwelgen.
Letztlich glaube ich trotzdem, dass es das Wert war. Spätestens in einigen Jahren, wenn alles wieder verblasst, werde ich wahrscheinlich froh sein, sie mir angesehen zu haben. Wer weiß, ob andernfalls nicht auch die letzten Fragmente aus meinem Gehirn gespült worden wären.

Somit bleibt ihr mir erhalten.
Auf Wiedersehen Hajime! Auf Wiedersehen Yayoi! Es war schön, euch wiederzusehen.

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