Sonntag, November 18, 2007

Das Ende der Magie

Vor einer Woche habe ich nun doch auch endlich den 7. Band der so populären Harry Potter Reihe zu Ende gelesen. Wie erwartet war das Buch einsame Spitze, möglicherweise mein Potter - Lieblingsbuch, auf jeden Fall aber das Dramatischste unter den Siebenen. Warum die Serie vor allem unter jungen Menschen so beliebt ist, liegt wohl an der märchenhaften Geschichte, mögen sich viele denken. An den Hexen, den Zauberern, die Mär von den Guten und Rechtschaffenen, die gegen das zuletzt übermächtig erscheinende Böse kämpfen und schließlich obsiegen, so wie es in Kinderbüchern und Fantasieromanen in allen erdenklichen Formen seit langer langer Zeit der Fall ist.
Für mich, so stelle ich fest, ist es eine Flucht. Eine Flucht aus der Realität, der kargen, berechenbaren Muggelwelt, hinein in eine Welt der Magie, eine Welt der Fantasie, der Jugend, aus der ich langsam auszuscheiden drohe, wenn es nicht gar schon passiert ist.

Hier geht es aber heute nicht um eine persönliche Rezension des Buches, sondern um etwas völlig anderes. Ich bin, spätestens im letzten Jahr, endgültig in der Welt der Erwachsenen angekommen. Die jugendliche Leichtigkeit, sich auf andere verlassen zu können, das unendliche Sicherheit spendende Gefühl, dass man ja noch genügend Zeit hat, in der Zukunft den richtigen Job zu finden, einfach alles richtig zu machen, was man in der Vergangenheit vergeigt hat, ist verschwunden. Mit jedem Tag, der ins Land zieht, wächst die Befürchtung, dass nun alles zu spät sein könnte, dass der letzte Tag einer bestimmten Chance unbemerkt abgelaufen ist. Das alles wäre an sich ja gar nicht so schlimm, denn Spaß macht das Leben, wie es heute ist, nach wie vor und trotzdem merke ich, wie ich permanent über die Schönheit der Vergangenheit nachdenke. Die Schönheit der Jahre, als ich 17, 18 Jahre alt war. Und noch weiter zurück, die Welt aus der Sicht eines Kindes. Eine Welt, zwar ganz und gar nicht ohne Probleme, jedoch voller Magie.

Wenn man im kindlichen Alter die Wohnung verließ, so begab man sich stets in eine fantastische Welt, voll von Abenteuern und Mythen. Nie werde ich vergessen, als ich zum ersten mal mit dem Fahrrad zusammen mit einem Freund in die große Stadt fuhr (Traunstein) und dort durch die gigantischen Straßen schlenderte. Beim Müllermarkt im 3. Stock verschlug es mir fast den Atem angesichts dieser nicht enden wollenden Ansammlung an CDs und Kassetten.
Nichts war schöner, als irgendwo in einem abgelegenen Waldstück ein Lager zu bauen, in der Traun zu baden, über hohe Wiesen zu laufen, nichts war aufregender, als in der Lagerhalle von der gegenüberliegende Schreinerei verstecken zu spielen, die ersten male ins Kino zu gehen, sich vom eigenen Taschengeld ein Magnum zu kaufen und nichts war beeindruckender, als in die unergründlichen Tiefen des 3 - Meter - Beckens hinunterzutauchen, den größten Unsinn in der Schule bei Herrn Frenzl zu treiben und gerade noch einmal vor dem gefürchteten "Strich" davonzukommen oder mit 13 Jahren zum ersten mal an einer Zigarette zu ziehen.
Kein Tag war wie der vorhergehende, wenn eine Person, der man vertraute und vor der man Respekt hatte, etwas sagte, dann schenkte man dem Glauben, ganz gleich was sie sagte. Allen Personen, Orten und Gegenständen in dieser Zeit haftete etwas magisches an.
In all den Jahren, die seitdem ins Land zogen, wuchs in mir mit der Zeit etwas heran, das immer größer und stärker wurde, das Wissen.
Und je mehr man von seiner Welt, seinem Umfeld, vom Leben an sich weiß, desto mehr stumpft man innerlich ab, desto mehr verliert sich die kindliche Naivität in den harten, kompromisslosen Strukturen des allgegenwärtigen Bewusstseins. Nichts ist mehr neu. Je älter man wird, desto mehr wächst die Gewissheit, jede Situation ist nicht mit Neugier und Risikofreude, sondern ausschließlich mit Routine und Lebenserfahrung zu meistern. Letztendlich verabschiedet sich irgendwann auch die letzte Magie aus dem Leben. Auf zu neuen Ufern?

Ein Glück, dass es Möglichkeiten gibt, die Magie wieder zu erwecken, eigentlich müsste man sagen, in fremden Welten diese Magie wieder zu finden. Und dazu braucht es nicht einmal Hexen und Zauberer.

Dienstag, September 04, 2007

Von Pizzabrötchen und einem Traum

Es gab einmal eine Zeit, sie muss wohl schon länger zurück liegen, da freute man sich richtig auf Familiengeburtstagsfeste. Ich spreche hier nicht nur von denen für Mama, Papa und Schwestern, nein vor allem auch die von Tanten, Onkel, Omas und Cousinen seien hier angesprochen. Dies mag zum einen an der damals natürlich auch noch kindlichen Freude an allem Belanglosen festzumachen sein, vor allem aber auch an den Gaumenfreuden, die einem stets von einer Oma, Tante oder Mama voller Stolz serviert wurden. Gemeint ist im Übrigen nicht die kalorienreiche Geburtstagstorte, die wenngleich meist schmackhaft, für mich nie den Höhepunkt des durch und durch magenfüllenden Tages darstellte, sondern von der schönen Brotzeit, die meist so um 18 Uhr auf mehreren Tabletts in die Stube gebracht wurde. Was lachte da das Herz, wenn sich neben Frischwurstaufschnitt, Brezenkorb, Käsetablett, Essiggurkenschüsserl oft auch noch der ein oder andere Fleisch-, Wurst- oder Nudelsalat drängte. Der unterhaltungsreiche Tag fand so ein stets pompöses Ende.
Viele Jahre ging das so, bis, ja bis plötzlich die sowohl von Tante Monika als auch von meiner ehrenwerten Mutti (meiner Meinung nach zu unrecht) belesene TINA - Frauenzeitschrift etwas lostrat, was kommende familiäre Zusammenkünfte in Ihren Grundfesten erschüttern sollte. In einer schicksalshaften Ausgabe, die ich gefühlsmäßig kurz vor die Jahrtausendwende datieren möchte, befand sich ein Rezept für eine Alternative zu oben genannten wohlbewährten abendlichen Speisen, das mir künftig den ein oder anderen Geburstag ordentlich vermiesen sollte. Die Rede ist vom

PIZZABRÖTCHEN.

Die Grundidee ist einfach. Man schneide eine einfache Semmel horizontal in zwei Hälften und belege sie mit einem undefinierbaren Brei aus Käse, Tomatenmark, Gewürzen, Schinkenstückchen und weiß der Kuckuck, was einem die eigene Kreativität sonst noch an Ideen bietet. Anschließend rein in den Backofen und voilà, fertig ist das Pizzabrötchen. Als ich dieses, nun ja, Ding zum ersten mal sah, hatte ich wenig Zweifel, dass meiner Tante ein weiterer Gaumenschmaus gelungen war. Skeptischere Blicke waren da schon vonseiten älterer, um nicht zu sagen konservativerer Familienmitglieder zu sehen. Voller Vorfreude stürzten sich zuerst die Jungen (mich eingeschlossen) auf das neue unbekannte Etwas. Ich biss hinein in das noch ziemlich heiße Brötchen und war schon bald ernüchtert. Was vielversprechend aussah entpuppte sich meines Erachtens sehr schnell als Speiserohrkrepierer. Es schmeckte nicht wirklich schlecht, aber es hatte etwas an sich, was wir in der bayerischen Landessprache als "gei" bezeichnen. Das heißt in etwa, dass es schnell satt macht und man einfach nicht viel davon hinunterbeckommen kann. Vor allem fühlt sich der Geschmack - wie soll ich sagen - nicht richtig an. Die gewöhnliche Semmel vom Bäcker ist für einen solchen "Aufstrich" einfach nicht geeignet. Nach zwei Stück Pizzabrötchen hatte ich schon genug.
Das eigentliche Drama bei der Sache war aber, dass es mir so vorkam, als dass sämtliche anderen Anwesenden den Eindruck machten, Ihnen würde dieses vorher noch überaus misstrauisch beäugte italobavarische Komposium außerordentlich munden. So war es also geschehen. Das Rezept breitete sich aus wie ein Lauffeuer und kommende Feiern sollte für mich die Hölle werden. Wo früher noch oben genannte, gutbürgerliche Speisen neckisch den Buffettisch füllten, waren die Pizzabrötchen nun allgegenwärtig, wie sie da lieblos auf ihren Tellern in Reih und Glied auf Ihren Konsumenten warteten. Während ich litt, strahlten Gäste und Pizzabrotservierer um die Wette, es war zum verzweifeln. Eines nach dem Anderen wurde von Jung und Alt in sich hineingestopft, der Nachschub schien nicht abzuebben. Zähneknirschend und in Ermangelung an Alternativen beteiligte ich mich so gut es ging - und ertrug - an diesen Fressorgien.

Die Zeit verging....

Während ich aus dem jugendlichen Alter ins Erwachsensein hinüberglitt, verringerte sich auch die Zahl der Familienfeste, denen ich beiwohnte. Mehr schon nebenbei nahm ich zur Kenntnis, dass sich die Lage allmählich normalisierte. Neben dem Pizzabrötchen wurden zunehmend auch wieder traditionelle Mahlzeiten serviert. Es war fast wieder wie früher, doch letztlich machte es mir ohnehin nichts mehr aus. Zeitsprung.....
Es ist der 25.09.2007. Eine Freundin, Kerstin, lädt mich zur Feier ihres 25. Geburtstages ein. Selbstverständlich komme ich. Es verspricht ein unterhaltsamer Abend zu werden. Viele nette Leute sind anwesend, die ich zwar nicht kenne, mit denen man sich aber offensichtlich gut unterhalten kann. Plötzlich naht Kerstin mit zwei Tabletts, die sie auf die beiden Biertische stellt. In ihren leuchtenden Augen spiegeln sich die Pizzabrötchen...

Ich schlage die Augen auf. Mein Wecker sagt mir es ist kurz nach 9 Uhr. Es ist Sonntag, ich bin froh, dass ich noch weiterschlafen kann. Noch etwas schlafen, nur ein bisschen noch. Da ich ohnehin noch nicht richtig wach bin, versuche ich den Anschluss wieder zu finden. Ich will zurück an diesen Ort, zurück zu dir, meine unbekannte Schönheit, zurück in meinen Traum. Ich sitze an einem Steg, ganz vorne, wo die Gangway der Schiffe aufschlägt. Sitzend lehne ich an einem Holzbalken. Ich bin nicht alleine. Du bist bei mir, du namenlose Göttin mit deinem dunklen langen Haar. Ich halte dich fest an mich, als ob jemand versuchen würde, dich von mir wegzureißen, dabei sind wir ganz alleine, du und ich. Du umarmst mich, genau wie ich dich, weil du mich ebenso brauchst. Eine weiße, warme Decke umhüllt uns, schützt und vor dem strengen Wind und dem nahenden Sturm, der aufgezogen ist an diesem grauen Tag. Eingehüllt von der Decke sehe ich ich nur noch dein Gesicht, deinen Kopf, wie er sich an mich schmiegt, dein langes braunes Haar. Ich küsse deine Stirn. Deine Augen sind zu. Träumst du etwa auch? Bist du irgendwo da draußen und träumst den selben Traum wie ich?
Mit diesem schönen Gedanken kämpfe ich nicht länger gegen das Aufwachen an. Der Tag beginnt, das Bild bleibt in meinem Kopf.

Montag, April 23, 2007

und immer wieder cosmo

Viel Verrücktes geschieht derzeit in meinem Leben. Mir kommt es vor, als wäre ich mal wieder richtig gefestigt im Glücklichsein. Woran es genau liegt, kann ich nicht sagen, vielleicht ist es der wunderschöne Frühling, vielleicht meine gewonnene und mir umso mehr bewusst gewordene Freiheit, vielleicht auch ein neu erstarktes Selbstbewusstsein. Ich fühle mich gut, ich fühle mich stark, es ist schön, in diesen Tagen zu leben. Und trotzdem soll das ganze nicht darüber hinweg täuschen, dass ein ganz entscheidender Teil meines Lebens im Moment an einem Punkt angelangt ist, an dem ich mich - noch sehr positiv ausgedrückt - nicht besonders wohl fühle. Die Rede ist von meiner Arbeit. Ich bin jetzt seit über drei Jahren bei der Firma und werde das Gefühl nicht los, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, wo ich mich entscheiden muss. So wahnsinnig viel Stress und Arbeit in den letzten beiden Jahren auch da war und so unabkömmlich ich mich auch während dieser Zeit gefühlt habe, so wenig ist davon noch übrig geblieben. Und auch wenn das ein oder andere Projekt, an dem ich mitarbeite mir weiterhin das Gefühl gibt, gebraucht zu werden so ist das immanente geistige Unterfordertsein, dass meiner Arbeit seit nun beinahe einem Jahr innewohnt, nicht mehr aus meinen Gedanken zu vertreiben. Ich will mehr, ich kann mehr.

Ich bin wer...

Bin ich das? Wenn ich es bin, wer ist es nicht? Rochi war keiner, Marion auch nicht. An was liegt es, dass mir meine geliebten Kollegen genommen werden, warum bin ich noch hier? Warum? Ich will dieses Spiel nicht mehr spielen, ich bin es leid, irgendwie jedenfalls.
Dieser Eintrag gehört dir Marion. Ich denke oft an dich. Du fehlst mir sehr. Wo sind deine Witze? Wo ist deine gute Laune? Wo ist das blinde Verständnis zwischen uns beiden? An wen kann ich meine popkulturellen Anspielungen schicken, die ja doch nur du verstanden hast?
Ich habe eines an dir nie recht verstehen können. Ich habe mich mit kaum einem anderen Kollegen so gut verstanden oder unterhalten können wie mit dir und doch war dir dein Privatleben absolut heilig, obwohl wir sogar das ein oder andere Hobby teilen. Du wolltest nicht auf die Weihnachtsfeier, du wolltest mir nicht deine icq-Nummer geben, wenn ich nicht zufällig deine Handy-Nummer herausgefunden hätte, hätte ich mich nicht einmal von dir verabschieden können.
Ich respektiere dein Leben auch wenn ich nicht weiß, was das an dir ist. Als ich vor zwei Wochen in München war, wolltest du auch nicht mit mir auf einen Kaffe gehen, du antwortetest nicht auf meine SMS.
Es ist nicht so, dass es mich traurig macht, das nicht. Und trotzdem kann ich nicht oft genug sagen, wie gern ich dich mag und dass du einer der tollsten Kollegen bist, die ich je hatte, ohne dass du jetzt Angst haben müsstest, ich wolle mich an dich ranmachen oder dergleichen.
Ich habe mich noch nicht damit abgefunden, dass ich dich nie wieder sehen werde. Du wohnst, womöglich, immer noch im Großraum München. Ich werde wieder auf dich zurück kommen, unser Zockabend steht noch aus....

Bis bald, mein Täubchen ;)

Freitag, April 06, 2007

Salto Rückwärts

Ich bin single!

Was versteht man unter einer solchen kurzen Aussage? Versteht man jemanden, der bei einem heißen nächtlichen Flirt mit hochgezogener Braue diese drei Worte als Trumpfkarte aus seinem Deck zieht? Versteht man darunter jemanden, der nach langjähriger Beziehung seinem besten Freund tränenerfüllt und voller Schock leise diese Worte ins Telefon flüstert? Versteht man gar darunter jemanden, der als Mitt-Dreißiger seinem Psychologen als Einleitung für seine traurige Geschickte diese Worte haucht um seine depressive Torschlusspanik behandeln zu lassen?
Die Welt des Liebens und geliebt Werdens war noch nie die meine. Zu oft wurden meine Gefühle für eine Frau mit Füßen getreten, als dass man mein Leben mit diesem doch so essentiellen Part des Selben als normal bezeichnen könnte. Aber bevor ich mich mit gestreckten Füßen auf einer roten Ledercouch wiederfinde, um mein Innerstes nach außen zu kehren habe ich noch eine vierte Variante anzubieten.
Ich bin single, weil ich mein altes single-Leben als Quell der Lebensfreude unterschätzt habe. Ich bin single, weil ich vergessen habe, wie viel mir meine Freiheit bedeutet. Ich bin single, weil ich trotz beispielloser Zuneigung, die ich in den letzten Wochen erfuhr, nicht vergessen habe wie sich verliebt sein anfühlen muss.
Wie komme ich zu diesen seltsamen Gedanken?

Nun, schauen wir erst einmal ein paar Wochen zurück auf den 10. März 2007.

Das übliche Prozedere. Samstagabend Vorglühen bei Moa, anschließend Sailer Keller Nights, eines der Events, die ich in Traunstein sehr gerne Besuche, aber dies nur am Rande. Gut angeheitert kamen wir schon an, es schien ein Abend wie viele andere zu werden. Ich hatte schon etliche Freunde und Bekannte von mir gesehen, ja ich freute mich auf den Abend. Plötzlich trafen Wolfe und ich eine Freundin von ihm, die sich mir als Lissi vorstellte. Ich erinnerte mich daran, sie schon einmal zuvor kurz gesehen zu haben. Sie interessierte mich, sie war nett, hübsch und hatte offenbar auch Lust, sich mit mir zu unterhalten. Wir verbrachten unsere Zeit gemeinsam bis in die frühen Morgenstunden an der Bar im Traxx und ich hatte eine tolle Zeit mit ihr. Sie erzählte mir vieles von ihrem schicksalshaften Leben und ich war - so denke ich - ein guter Zuhörer. Wir gingen dann anschließend hinaus und verabschiedeten uns, als der Weg die beiden turtelnden Fußgänger trennte. Ein Abend, wie viele andere? Ja und Nein. Ja, weil ich schon öfter mit Frauen, die ich kaum kenne tiefschürfende Gespräche geführt habe und sich unsere Wege auf quasi identische Weise entzweigten. Nein, weil ich dieses seltsame Gefühl hatte, in ihren Augen etwas zu sehen, was ich sonst nicht sehen konnte. Am darauffolgenden Sonntag hatten wir herrliches Wetter und sie fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, mit ihr an den See zu fahren. Das taten wir dann und erlebten zusammen einen weiteren wunderschönen Tag, der damit endete, dass sie anschließend noch bei mir war und wir uns später in immer noch rein freundschaftlicher Art verabschiedeten. Kein Kuss, keine intime Umarmung. Jedoch gab es ein erwähnenswertes Detail. Mehr nebenbei erwähnte ich, dass ich meine Wohnung als nicht besonders schön empfinde und gerne etwas an meiner Einrichtung ändern würde, ganz einfach, dass es wohnlicher aussieht. Das nächste mal sahen wir uns am Dienstag und was hier geschah, war in jedem Maße außergewöhnlich. Sie brachte mir eine ganze Kiste mit Geschenken, Vorhängen, selbstgebastelten und gemalten Boxen und Bildern. Alles, was man sich nur vorstellen kann. Ich war ohne die geringste Übertreibung überwältigt von so viel Güte und Herzlichkeit, dass ich nicht wusste, wie ich darauf reagieren sollte. Einige Sachen waren gar noch nicht komplett und sie hatte schon Pläne, wie und wann sie die nächsten Teile mitnehmen würde.
War es das?
War es das, worauf ich so lange gewartet hatte?
War diese Frau das Gottesgeschenk, für den ich ihn ob der langen Warte- und Leidenszeit so viele Male verflucht habe?
Ja, sagte ich mir. Das muss es sein. Am Samstag, den 24. März war es soweit, dass ich meinen Mut zusammen nahm und sie fragte, wie sie das sieht und auf welchen Weg wir uns befänden. Sie sagte, sie glaube, ich könnte der richtige sein und dass sie gerne mit mir zusammen wäre. Auch ich war dieser Meinung und glaubte, dass wir es zusammen probieren sollten. Ich fühlte mich bei ihr geborgen und ich konnte etwas spüren, dass ich so lange Zeit nicht mehr von einem Menschen gefühlt habe. Das Gefühl, geliebt zu werden. Ich machte ihr trotzdem klar, dass ich ein Mensch bin, der gerne alleine ist, der seine Freiheiten braucht, der sein Hobby braucht, der seine Freunde braucht und der - wie kann es auch anders sein - in Fragen der partnerschaftlichen Beziehung natürlich auch unerfahren und unbeholfen ist. Sie akzeptierte das und es ging weiter. Sie machte mir fast täglich Geschenke, kochte Essen und wartete geduldig und nachsichtig auf mich, wenn ich meinen Pflichten wie Arbeit und Theaterverein in leider zu dieser Zeit allzu großzügiger Art nachkam. Sie war dabei, wenn ich mit meinen Freunden Fußball schaute, ja sie war sogar mit dabei auf dem alle fünf Jahre stattfindenen "Mayer-Fest" dieses mal in Vachendorf. Ich hatte sie zu all diesen Sachen nicht gebeten, sie wollte aus freien Stücken mit dabei sein und ich sagte natürlich nichts dagegen.
Und trotzdem waren es genau diese Momente, bei denen ich ins Zweifeln geriet. Wollte ich, dass eine Frau künftig bei Fußballspielen der Nationalmannschaft von nun an an meiner Seite sitzt? Wollte ich, dass meine Freundin, die ich erst seit so kurzer Zeit kenne, bei einem Familienfest zugegen ist, bei dem ich selbst kaum jemanden kenne und zu dem ich unter anderen Umständen vielleicht nicht einmal selber hingegangen wäre? Wollte ich, dass ich künftig nach getaner Arbeit, wenn ich daheim in Ruhe und allein meinen Hobbys nachgehen will, ein schlechtes Gewissen haben muss, wenn ich ihr absage? Wollte ich das alles?

Wer weiß, ob ich das auf mich genommen hätte? Ich konnte nur eines tun. In mich hinein horchen und feststellen, wie stark meine Gefühle wirklich für sie waren. Doch diese Reise wurde zum Anfang vom Ende unserer kurzen Beziehung. Ich konnte klar fühlen, dass ich keine Liebe zu ihr empfand. Das Verlangen nach sowohl mentaler als auch körperlicher Nähe war einfach nicht da, so sehr ich mich auch bemühte etwas zu finden. Was konnte ich denn tun? Ich musste es ihr sagen oder sollte ich doch noch warten, ob die Gefühle zuletzt noch auftauchen. Sie kamen nicht.
Das ganze wurde mir mehr oder weniger bewusst, kurz bevor wir (Fems, Wolfe und ich) nach Wien fuhren. Ich musste nun mit dieser Lebenslüge umgehen und war von ihr erfüllt. Wolfe, der bekanntermaßen gut mit Lissi befreundet ist und sie mehrmals als eine Art Schwester bezeichnete, machte es mir besonders schwer. Er unterstellte mir am laufenden Band mein Verliebtsein und meine aufkeimenden Frühlingsgefühle. So gut ich konnte machte ich hier gute Miene zum bösen Spiel, doch jedes weitere mal wuchs in mir die Gewissheit heran, dass diese Beziehung nicht mehr länger andauern konnte. Die Würfel waren gefallen.
Spätestens am Dienstag, den 3. April wusste ich, dass ich es tun musste, dass ich es bald tun musste. Die Gewissheit, dass sie sowohl für meine Familie als auch für meinen Opa schon Oster- und Geburtstagsgeschenke vorbereitet hatte, machte die Entscheidung bei Gott nicht einfacher, aber ich hatte keine Wahl. Was hätte sie als nächstes für mich getan, was als nächstes mir geschenkt, wenn nicht schon ihr Herz? Gestern Abend war es soweit. Sie war bei mir und ich nahm all meinen Mut zusammen und versuchte es ihr so wenig verletzend wie möglich beizubringen. Nicht selten habe ich mich schon auf der anderen Seite befunden und oft ist mit mir nicht gerade zimperlich umgegangen worden. Trotzdem hasse ich es, Menschen zu verletzen, noch dazu wenn es sich um einen so liebenswerten handelt wie sie.
Und doch war es die richtige Entscheidung, die einzige die ich hatte. Ob es der richtige Zeitpunkt war weiß ich nicht. Ich glaube es gibt keine richtigen Zeitpunkte für so etwas.
Es ist geschehen, ich habe mein altes Leben zurück. Und obwohl ich mich immer noch schlecht fühle und aufgewühlt bin, bin ich zurück in meiner so geliebten und oftmals unterschätzten Freiheit. Ich bin single!

Was bedeutet nun Liebe für mich? Ist es die fortwährende Suche nach dem Weltschmerz, der sich eines schönen Tages als die Pforte ins Paradies für mich entpuppt. Wer weiß? Ich weiß nur, dass ich für sie keine Liebe empfunden habe. Ich hätte so nicht leben können.

Samstag, Februar 10, 2007

Des Günthers neue Kleider

Wie ich ja schon öfters erwähnt habe, bin ich ein großer Fan von Videospielen. Diese stehen vor allem aufgrund des jüngsten Amoklaufs in Emsdetten erneut sehr stark in der Kritik. Vor allem Bayerns Innenminister Günther Beckstein nimmt in der Diskussion kein Blatt vor dem Mund, dass er Killerspiele für abscheuliches Teufelszeug hält, das keinerlei Daseinsberechtigung hat. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, als wolle er künftig selber entscheiden, welches Spiel für die Öffentlichkeit geeignet ist und welches besser nie ein Deutscher Mensch zu Gesicht bekommt. Die Frage ist, wie er dieses Prüfverfahren künftig bewerkstelligen will.

Mir schwebt dabei folgendes Szenario vor.

Günther kommt eines schönen Montags schlecht gelaunt in sein Büro (sei es als Innenminister oder Ministerpräsident von Bayern). Schlecht gelaunt deshalb weil er am Wochenende die Ministeriale Schützenmeisterschaft gewonnen hat und somit seine komplette Belegschaft am Samstagabend freihalten musste. Seine Laune wird weder durch die netten Morgengrüße seiner Mitarbeiter (warum Grüßen die eigentlich so freundlich?) und schon gar nicht durch den gewaltigen Aktenberg in seinem Posteingang auf seinem PC-losen Arbeitsplatz gehoben.

Im selben Moment machen sich 20 nicht weniger schlecht gelaunte Ex USK-Mitarbeiter auf den Weg ins Arbeitsamt Berlin. Aber das ist eine andere Geschichte....

"Naja, hilft ja nix" denkt sich Günther und stürzt sich mehr oder weniger wild auf seinen Posteingang. "Was haben wir denn da?" überlegt Günther als er ein Videospiel mit der Aufschrift "Final Fantasy XII" ganz oben auf dem Stapel findet. Da bessert sich plötzlich Günthers Laune, denn ein paar Wochen zuvor hat er über seine Männer im Bundestag endlich den Jugendschutz vor Killerspielen in die einzig kompetenten Hände dieser Republik legen lassen, die seinen!
Da der Günther seine Arbeit aber natürlich ernst nimmt hat er sich von seiner nicht PC-losen Sekräterin ein Excel-Sheet anfertigen lassen, mit dessen Hilfe er diesen "Spielen" die es in seiner Jugend Gott sei Dank! noch nicht gegeben hat auf den Zahn fühlen will. "Fein hat Sie das gemacht", denkt sich Günther, als er das Sheet betrachtet. Eine schöne zweispaltige Tabelle, sogar mit vertikalem Trennstrich in der Mitte. Auf der linken Seite steht "Gut für Kinder" auf der rechten "Schlecht für Kinder". Was man mit diesem neumodischen Computerzeugs nicht alles machen kann heutzutage, nimmt Günther lippenschürzend zur Kenntnis und fragt sich mit nostalgisch wehmütigen Blick auf seine alte Adler - Schreibmaschine, ob er das nicht auch mit ihr hinbekommen hätte. Den Gedanken im Hinterkopf behaltend macht er sich sodann ans Werk und wirft einen prüfenden Blick auf die Rückseite der Verpackung des Spiels. Nachdem ihm Erna (so heißt seine Sekretärin) noch den Bleistift gespitzt hat fängt er an, den Text hinten zu lesen und sich Kreuzchen auf seiner komplexen Tabelle zu machen.

Erkunden Sie eine Welt voller GEFAHREN... -> Erstes Kreuz bei schlecht

Eine Unzahl an MONSTERN und WILDEN KREATUREN wird Ihnen auf Ihrer Reise begegnen.... -> Zweites und drittes Kreuz bei schlecht

Bekämpfen Sie diese Horden mit SCHWERT, GEWEHR und VIELEN ANDEREN FANTASTISCHEN NEUEN WAFFEN... -> "Das ist ja wohl der Gipfel" denkt sich Günther: Pauschal fünf Kreuze bei schlecht

Schließen Sie FREUNDSCHAFTEN mit einer Vielzahl von Charakteren.... -> Ja ja, Freunde sind wichtig, weiß Günther aber leider bleiben sie dir nicht ewig treu. Früher oder später wollen sie ja doch nur dein Geld, deine Frau oder deinen Job und macht leicht beschämt in sich hinein grinsend ein weiteres Kreuz bei schlecht

Die erste Bilanz zeigt also null Kreuze bei "Gut für Kinder" und sage und schreibe neun Kreuze bei "Schlecht für Kinder". Sehr zufrieden mit sich selbst greift Günther in seine Aktentasche, zieht eine Thermosflasche hervor und schenkt sich den herrlich duftenden Kaffee, den ihm seine Frau immer macht in seine "Schütze"-Kaffeetasse ein. "Sie ist wirklich ein gutes Mädchen, aber die Brühe kannst echt nicht saufen" pflegt Günther in der Kantine regelmäßig seine stets zustimmend nickenden Mitarbeiter über Ernas dürftige Kaffeekochkünste zu informieren.

Sodann macht sich Günther wieder an die Arbeit und öffnet zum ersten mal in seinem Leben die Schachtel eines Videospiels. Aha, des ist ja eine Dä Vau Dä sagt Günther zu sich selbst mit dem selbstbewussten Blick eines Mannes, der davon überzeugt ist, gerade etwas sehr kluges gesagt zu haben. Obwohl er die Scheibe sowohl vorne als auch hinten mit einer Lupe absucht, findet er trotz größter Mühen nichts mehr, was ein weiteres Kreuz auf der "Schlecht für Kinder" Seite rechtfertigt. "So ein Mist", denkt sich Günther. Soll es das etwa schon gewesen sein? Obwohl Günther davon überzeugt ist, dass der Inhalt des Spiels kaum mehr Kreuzchen auf der anderen Seite zulassen dürfte, will er sich trotzdem nicht sagen lassen, er hätte seine Arbeit nicht anständig gemacht. Also fasst er einen Entschluss....

Eine halbe Stunde später befindet sich Ernas PC auf dem Arbeitsplatz von Günther. Erna darf sich dafür die alte Adler-Schreibmaschine mit ins Vorzimmer nehmen. "Wirst schon sehen, die geht genauso gut" komplimentiert er sie hastig aus dem Zimmer.

Nachdem ihm ein fahlgesichtiger IT-Mann (über die Mittagspause) mit PC-Grundkenntnissen ausstattete, kann es endlich losgehen. Ein sanfter Druck auf eine Taste lässt den Dä Vau Dä Schuber herausfahren, Günther legt das Spiel siegesgewiss hinein und betätigt den Knopf erneut. Nach etwa einer Stunde lässt der entnervte Günther erneut den fahlgesichtigen IT-Mann antanzen, der ihm mit mechanischer Gleichmütigkeit erklärt, dass man Spiele für die Playstation 2 nicht auf dem PC spielen kann. Eine halbe Stunde später sind der PC sowie die Adler-Schreibmaschine (aus der Erna ihr Kündigungsschreiben gerade noch rechtzeitig entfernen konnte) wieder an ihren alten Plätzen und Günther sitzt starr mit verschränkten Armen in seinem Lehnstuhl. So hat er sich das ja nun wirklich nicht vorgestellt. Das kann doch nicht so schwer sein. Zwar hat er mit den Gedanken gespielt, sich von Herrn Untermaier (den IT-Mann) eine Bläähstääähschn besorgen zu lassen, aber auf eine nochmalige technische Unterweisung bei der er ja am Ende doch nur Bahnhof versteht, hat er heute wahrlich keine Lust mehr.

Entmutigt wirft er das Spiel wieder auf den Posteingangshaufen, als ein Zettel herunterfällt, der unter der Verpackung lag und den Günther vorhin noch nicht bemerkt hatte. Während er ihn liest, stellt sich wieder das verschmitzte Lächeln auf seinem Gesicht ein. Es war ihm entfallen, dass er ja jüngst veranlasst hat, das jedem Spiel bereits ein kleiner Kontrollbericht der Bildzeitung beigefügt werden muss. Da fällt ihm ein großer Stein vom Herzen.

Nachdem er durch den Bericht unter anderem erfährt, dass der Protagonist des Spiels "ohne Gnade tötet" ist für ihn die Sache endgültig klar. Final Fantasy XII ist ein Killerspiel, das weder in den Händen von Kindern noch von Erwachsenen etwas zu suchen hat. Günther ist sehr zufrieden mit sich. Der Jugendschutz ist in seinen Händen bestens aufgehoben.

Als er sich gerade noch einmal einen Kaffee eingießen will, klopft es an der Tür. Er bittet Erna herein, die ihm eine Mappe mit einer Rede übergibt. Ach ja, er hat ja gleich noch einen Termin an der Technischen Universität.
Er hält einen Vortrag vor den Studenten. Über die Wichtigkeit des technischen Fortschrittes in Bayern.